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Fundstelle: BVerfGE 58, 300
Datum: 15.7.1981
Leistsätze
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- Bei Streit über die Rechtmäßigkeit einer enteignenden Maßnahme haben die grundsätzlich zuständigen Verwaltungsgerichte deren Rechtmäßigkeit in vollem Umfang zu prüfen. Hierzu gehört die Feststellung, ob das Gesetz, auf dem der Eingriff beruht, eine Regelung über Art und Ausmaß der zu leistenden Entschädigung enthält.
- Den ordentlichen Gerichten obliegt bei Streit wegen der Höhe der Enteignungsentschädigung die Prüfung, ob dem Betroffenen eine den (vorhandenen) gesetzlicen Vorschriften entsprechende Entschädigung gewährt worden ist (vgl. BVergE 46, 268).
- Sieht der Betroffene in einer gegen ihn gerichteten Maßnahme eine Enteignung, so kann er eine Entschädigung nur einklagen, wenn eine gesetzliche Anspruchsgrundlage vorhanden ist. Fehlt sie, muß er sich bei den zuständigen Gerichten um die Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen.
- Bei der Bestimmmung der Rechtsstellung der Grundstückseigentümer nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG wirken bürgerliches Recht und öffentliche-rechtlich Gesetze gleichrangig zusammen.
- Es steht mit dem Grundgesetz in Einklang, daß das Wasserhaushaltsgesetz das unterirdische Wasser zur Sicherung einer funktionsfäigen Wasserbewirtschaftung - insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung - einer vom Grundstückseigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt hat.
Sachverhalt:1. Der Käger des Augangsverfahrens betreibt im nördlicen Münsterland eine Kiesbaggerei. Das Grundstück, auf dem die Aufbereitungsanlage steht, ist sein Eigentum. Seit 1936 baut der Betrieb auf zwei angrezenden Parzellen, die der Kläger zu diesem Zweck von einem Landwirt gepachtet hat, bis in den Grundwasserbereich hinein Sand und Kies ab.
Die Abbauchflächen liegen in der Schutzzone III A eines von der Stadt Rheine errichteten Wasserwerks. Das Wasserschutzgebiet wurde durch eine Verordnung vom 24.10.1973 festgesetzt, nachdem der Bereich am 6.2.1968 zunächst vorläufig unter Schutz gestellt worden war.
Im Februar 1965 beantragte der Kläger, ihm zur Fortsetzung des Kiesabbaus eine Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz zu erteilen. Im Oktober 1973 lehnte die Behörde den Antrag mit der Begründung ab, die Entfernung der Abbaustellen zur Brunnenanlage des Wasserwerks betrage teilweise nur 120 m; Verunreinigungen des Baggersees könnten daher den Brunnen erreichen und die öffentliche Wasserversorgung gefährden. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Klage auf Erteilung der beantragten Erlaubnis erhob er nicht.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung einer Entschädigung wurde gleichfalls abgelehnt. Daraufhin erhob er Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen auf Zahlung einer angemessenen, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Etnschädigung. Er machte geltend, die Versagung der Erlaubnis zur Naßauskiesung stelle einen enteigenenden Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie in das Grundstückseigentum dar. Etwaige Entschädigungsansprüche des Grundstückseigentümers, seines Verpächters hatter er sich zuvor abtreten lassen.
Das Landgericht erklärte die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die dagegen gerichtete Berufung blieb erfolglos.
2. Auf die Revision des beklagten Landes hat der Bundesgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 1 a Abs. 3, § 2 Abs. 1 und § 6 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 1976 (BGBl. I S 3017) mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG insoweit vereinbar sind, als sie den Inhalt des Grundeigentums im Verhältnis zum Grundwasser regeln.
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