Als Zeugnissprache wird im Arbeitsrecht das System von Formulierungen und entsprechenden Bedeutungen bezeichnet, mit denen die Leistungen von Arbeitnehmern im Rahmen "wohlwollender" Arbeitszeugnisse bewertet werden können.
Üblich ist eine fünfstufige Gesamtbewertung, die z.B. wie folgt im Zeugnis umschrieben werden kann:
- Herr B. hat sich stets bemüht die ihm gestellten Aufgaben zu
unserer Zufriedenheit zu erledigen
- mangelhaft
- Herr B. hat die ihm gestellten Aufgaben im großen und ganzen zu
unserer Zufriedenheit erledigt
- mangelhaft
- Herr B. hat die ihm gestellten Aufgaben zu unserer Zufriedenheit
erledigt
- ausreichend
- Herr B. hat die ihm gestellten Aufgaben stets (immer/jederzeit)
zu unserer Zufriedenheit erledigt
- befriedigend
- Herr B.hat die ihm gestellten Aufgaben stets zu unserer vollen
Zufriedenheit erledigt
- gut
- Herr B. hat die ihm gestellten Aufgaben stets zu unserer
vollsten Zufriedenheit erledigt
- sehr gut
Hinsichtlich des Umgangs mit Vorgesetzen und Mitarbeitern ist als Formulierung üblich:
- korrekt
- unterdurchschnittlich
- stets korrekt
- unterdurchschnittlich bis durchschnittlich
- einwandfrei
- durchschnittlich bis überdurchschnittlich
- stets einwandfrei
- überdurchschnittlich
Die Verwendung von darüber hinaus gehenden Codes (wie z.B. ein Haken neben
der Unterschrift um anzuzeigen, dass der Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglied ist) ist unzulässig.
Fehler in der Darstellung oder der Syntax/Grammatik verschlechtern den Gesamteindruck eines Zeugnisses. Das Zeugnis sollte sauber aussehen und fehlerlos sein.
Auch die Wahl ungewöhnlicher oder umgangssprachlicher Worte führt zu einer Abwertung des Eindrucks und kann ein versteckter Hinweis sein.
Als wichtigstes Instrument kennt die Zeugnissprache die Auslassung. Werden Eigenschaften die zum Berufsbild gehören nicht bewertet, so ergibt sich daraus ein entsprechendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers in diesem Bereich.
Beispiel: Bei einer Kassenkraft erwartet man eine Aussage über Ihre Zuverlässigkeit hinsichtlich der Kassenführung. Wird sie im Zeugnis nur hinsichtlich ihrer Fähigkeiten bezüglich der ihr auch obliegenden Schaufenstergestaltung gelobt, lässt das darauf schließen, dass sie in die Kasse gegriffen hat.
Hier kann man grob sagen, dass ein kurzes Zeugnis auf ein schwieriges Arbeitsverhältnis hindeutet.
Umstritten ist ob die Formulierung "als zuverlässig kennen gelernt"
ausdrückt, dass die genannte Eigenschaft tatsächlich nicht vorliegt. Das BAG ist Ende 2011 zu dem Schluß gekommen, das möglicherweise vereinzelt die vorgenannte Rechtsauffassung im Internet und der Literatur vertreten wird, dass ein "entsprechendes Sprachempfinden" sich aber nicht herausgebildet hat (BAG v. 15.11.2011 Az. 9 AZR 386/10 = NZA 2012, 448 aA. LAG Hamm Urt. 27.4.2000 AZ. 4 Sa 1018/99 ).
"War stets pünktlich" deutet daraufhin, dass dem Arbeitgeber sonst nichts positiv augefallen ist.
Abschlussfloskeln wie "Wünschen wir Herrn B. weiterhin viel Erfolg" sind üblich, können aber gerichtlich (noch) nicht erzwungen werden, nur vereinzelte Arbeitsgerichte gestehen Arbeitnehmern mittlerweile (2012) einen entsprechenden Anspruch zu. Auch wird nach Noten differenziert.
- Note ausreichend: Nur "Alles Gute"-Wünsche für die Zukunft .
- Note befriedigend: Dank für die "Mitarbeit" und "Alles Gute"-Wünsche für die Zukunft .
- Note gut: Dank für die "Mitarbeit" "Alles-Gute"- und Erfolgswünsche für die Zukunft.
- Note sehr gut: Dank für die "allzeit sehr gute Arbeit" und "Alles-Gute"- und Erfolgswünsche für die berufliche und persönliche Zukunft .
Wichtig ist auch, dass das Zeugnis stimmig ist, d.h. dass die Formulierungen durchgängig einer "Note" entsprechen.
Das Zeugnis muss grundsätzlich das Ausstellungsdatum tragen. Wird ein Zeugnis korrigiert besteht aber ein Anspruch darauf, dass die korrigierte Fassung dass ursprüngliche Datum trägt (BAG v. 9.9.1992 NZA 1993, 698).
Ein gefaltetes Zeugnis kann ein geheimer Hinweis auf ein Hausverbot sein. Gemäß dem BAG hat ein Arbeitnehmer aber nur einen Anspruch auf ein Zeugnis, dass so gefaltet ist, dass es ohne Spuren der Falten kopiert werden kann (BAG NJW 2000, 1060).
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