Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist gemäß § 86a StGB ein strafbares Vergehen.
Schutzobjekt des § 86a StGB ist der demokratische Rechtsstaat, nicht der einzelne Bürger. Es soll verhindert werden, dass durch das öffentliche Zeigen der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen der Eindruck entsteht, diese seien trotz des Verbotes im Wiedererstehen. Weiterhin soll eine Störung des politischen Friedens durch das Zeigen der Kennzeichen verhindert werden (Tröndle/Fischer, § 86a Rn. 1).
§ 86a StGB ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet, so, dass es durch das Verwenden nicht konkret zu den zuvor genannten Gefahren kommen muss.
Umstritten ist, ob eine kritische Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen (z.B. durchgestrichen in einem symbolischen Verbotsschild) auch unter § 86a StGB fällt, was der Wortlaut des § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB (="Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten") und der Schutzzweck des politischen Friedens nahe legen, oder ob hier eine restriktive Auslegung geboten ist, da die Verwendung offensichtlich nicht als Bekenntnis zu den Zielen der verbotenen Organisation aufzufassen ist.
Das BVerfG hat in einem Beschluss v. 23.3.2006 über eine abgelehnte Verfassungsbeschwerde festgestellt, dass § 86a StGB auch Gefahren abwehrt, "die schon allein mit dem äußeren Erscheinungsbild verbunden sind, einerlei, ob die Handlung von dem Willen getragen ist, diese zu unterstützen." (BVerfG, 1 BvR 204/03 vom 23.3.2006, Rn. 19)
Es führt weiter aus, dass eine Ausnahme von der Strafbarkeit geboten sein kann, wenn "das inkriminierte Verhalten trotz äußerer Verwendung der Kennzeichen dem Schutzzweck des Gesetzes erkennbar nicht zuwiderläuft" (aaO Rn.22).
"So liegt es, wenn das Kennzeichen offenkundig gerade zum Zwecke einer Kritik der verbotenen Organisation eingesetzt wird oder der Kontext der Verwendung ergibt, dass eine Wirkung auf Dritte in einer dem Symbolgehalt des Kennzeichens entsprechenden Richtung ausscheidet (vgl. BGHSt 25, 133, 136). Das mag etwa der Fall sein, wenn das Kennzeichen in erkennbar verzerrter, etwa parodistischer oder karikaturhafter Weise verwendet wird (vgl. BGHSt 25, 128, 130)." (Rn. 23)
Schließlich schränkt das BVerfG wieder ein: "Die Tabuisierungsfunktion des Gesetzes (...) soll nach der Normauslegung der Gerichte aber nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Verwendung derartiger Symbolik allein deshalb grundsätzlich zulässig ist, weil sie in kritischer Absicht erfolgt. Diese Rechtsprechung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden." (Rn. 23)
Daher sind Entscheidungen über die Einschlägigkeit des § 86a StGB bei kritischer Verwendung im Einzelfall in dem Spannungsfeld zwischen der Tabuisierungsfunktion des Gesetzes und der Freiheit zur kritischen Äußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG zu finden.
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